Facharzt Dr. Hoser: Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens

Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens

Autor: Dr. Christian Hoser
Facharzt für Unfallchirurgie, Sporttraumatologie, Orthopädie und Traumatologie

Es muss so ungefähr in der ersten Hälfte der 80iger Jahre gewesen sein, als Thomas Wassberg aus Schweden gegen den baumlangen Juha Mieto um ein Hundertstel in einem 15 Kilometer Langlaufrennen gewonnen hat. Damals hat mich die Dynamik und das Feuer, das im Langlauf liegt, gepackt. Ich habe mir die Skier meines Vaters ausgeliehen, bin mit meinem Freund Robert, der für neue Dinge immer offen war, durch knietiefen Schnee im Mühlviertel herumgewatet, bin überall abgefahren und hab auch so manchen Stock und manchen Ski gebrochen. Mein Vater war mir nie böse, er hat sich gefreut, dass auch ich an dem Sport, den er für sich entdeckt hatte, Freude fand.

Mit dem studienbedingten Umzug nach Innsbruck 1985 bin ich dann zum ersten Mal nach Seefeld gekommen. Ein absolutes Langlaufparadies. Schon damals waren die Loipen einzigartig. Heutzutage ist Seefeld wahrscheinlich eines der besten und bestgepflegten Langlaufgebiete der Welt. Die Norweger mögen mir verzeihen. Auch die Steirer haben mit der Ramsau natürlich ein sehr schönes Langlaufgebiet. Aber gerade im letzten Winter hat es Seefeld geschafft einer großen Anzahl an Langlaufbegeisterten über vier Monate lang perfekte Loipen, ohne einen einzigen Stein oder eine braune Stelle, zur Verfügung zu stellen.

Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens

Die ersten Langlaufjahre in Seefeld waren auch davon geprägt, dass die neue Technik des Skatings Einzug gehalten hat. Pauli Siitonen hatte die Idee, sich beim Langlaufen nicht wie üblich in Laufrichtung von einem gewachsten Ski zum anderen nach vorne abzustoßen, sondern den Ski aus der Spur hinauszustellen und so wie beim Eislaufen, also Ice-Skating, den Vortrieb zu erzeugen. Der Langlaufsport erlebte einen neuen Boom, da er sich nun viel jugendlicher, dynamischer und schneller präsentieren konnte.

Heute stehen beide Techniken, ich würde sagen, gleichberechtigt nebeneinander. Jeder der sich etwas hineinvertieft, weiß, dass auch die klassische Technik sehr dynamisch ist, technisch höchst interessant und spannend zu lernen und um nichts hinter der neueren Skating-Technik steht.

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Gesundheitliche Aspekte des Langlaufs Langlaufrennen

In seiner medialen Präsentation birgt der Langlauf auch noch die Faszination, in kombinierten Sportarten wie dem Biathlon und der Nordischen Kombination über die Bildschirme zu flimmern. Beides sind Verbindungen völlig gegensätzlicher Sportarten. Das Langlaufen als Ausdauersport, kombiniert mit einer Schussdisziplin, die dem Athleten natürlich ganz andere sportliche Fähigkeiten abverlangt und über die letzten Jahrzehnte gerade im deutschen Raum enorme Zuschauermassen anzieht. In vielen Langlaufzentren werden Biathlon-Trainings auch für Laiensportler angeboten, gerade in der Gruppe macht das großen Spaß. Die Nordische Kombination vereint einen Sprungsport und einen Ausdauersport (Skispringen und Langlaufen) und hat an die Sportler von der muskulären Seite sehr konträre Anforderungen. Müssen doch beim Springen die Fast Twitch Fasern trainiert werden und für das Langlaufen die Slow Twitch Fasern, also etwas, das jeder Trainingswissenschaftler quasi als Horror der Trainierbarkeit bezeichnen würde. In beiden Sportarten mischt Österreich seit Jahren an der Weltspitze mit.


Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens Orthopädische Aspekte

ORTHOPÄDISCHE ASPEKTE DES LANGLAUFSPORTS

Die gleitende Technik des Langlaufens stellt für die Gelenke der unteren Extremität, also Hüfte, Knie und Sprunggelenk eine sehr günstige Belastung dar. Selbst bei schon vorhandenen Abnutzungserscheinungen kommt es beim Langlaufen selten zu Beschwerden, sondern ganz im Gegenteil, häufiger zu einer muskulären Stabilisierung, die etwa Arthrosebeschwerden deutlich mindern kann. Auch für die Schulter stellt das Belastungsmuster sehr selten ein Problem dar. Es werden in erster Linie jene Muskelgruppen betätigt, die die Schulter zentrieren – somit werden die klassischen Probleme dadurch nicht verstärkt. Beim Aufkommen der Skating-Technik wurde die Sorge geäußert, dass die Hüfte ungünstig belastet wird. Diese Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Es sei darauf hingewiesen dass die korrekte Materialwahl bei Schuh, Stock und Skiern wichtig ist, um die positiven Effekte zu optimieren. Weiters macht es absolut Sinn, nicht per do it yourself zu beginnen, sondern in ein paar Trainerstunden zu investieren, um von Beginn an die richtige Technik zu erlernen.


Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens unfallchirurgische Aspekte

UNFALLCHIRURGISCHE ASPEKTE

Die Inzidenz von Verletzungen beim Langlaufen liegt mit 0,7 Verletzungen pro 1000 Skitage deutlich niedriger als beim Alpinskifahren (2,6 pro 1000 Skitage), ist aber trotzdem nicht zu vernachlässigen. Es braucht adäquate präventive Maßnahmen, um sie weiter zu reduzieren. Im Abfahrtsbereich einer Langlaufloipe kann ein Langläufer auf Geschwindigkeiten von 60 bis 80 km/h beschleunigen. Es ist evident, dass ein Sturz dort auch ein relevantes Verletzungsrisiko birgt. Umsteigern vom Alpinskifahren zum Langlaufen wird öfter die fehlende Stabilisierung durch den Langlaufschub nach hinten zum Verhängnis.

Langlaufen ist eine der risikoärmsten Wintersportarten. Die Kombination des hohen Nutzens für die Gesundheit, bei gleichzeitig hohem Erlebniswert, macht die Faszination dieses Sports aus.
Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens Präparierung der Loipe

Besonders wichtig für erfolgreiche Abfahrten sind die jeweilige Gestaltung und Präparierung der Loipe – der Verantwortungsbereich des jeweiligen Loipenbetreibers. Die Anlage einer klassischen Spur ist dabei besonders schwierig, da zu enge Kurvenradien oder das abrupte Ende einer klassischen Spur das Unfallrisiko noch erhöhen können.


Gesundheitliche Aspekte des Langlaufens Schwierigkeitsgrad

Alle Loipen sind mit Farben gekennzeichnet, die von blau über rot bis schwarz jeweils ansteigende Schwierigkeitsgrade anzeigen. Es ist für Anfänger sinnvoll dies zu beachten, um nicht plötzlich am oberen Ende einer steilen Abfahrt, eventuell sogar vereist, zu stehen. Sowas ist nämlich sogar mit ausgezogenen Skiern nicht leicht zu bewältigen. Besondere Vorsicht ist bei diesen „harten“ Bedingungen geboten, da Stürze leichter zu Frakturen an Armen und Beinen führen können. An der oberen Extremität sind Handgelenksbrüche sowie Frakturen an Oberarmkopf und Schlüsselbein am häufigsten. Luxationen der Schulter und des Schultereckgelenks fallen unter die schweren Bandverletzungen. An der unteren Extremität kann es beim Sturz auf einer harten Oberfläche wiederum zu Oberschenkelbrüchen, Bandverletzungen im Knie und Sprunggelenksverletzungen kommen.

Das Tragen einer Brille zum Schutz der Augen sollte selbstverständlich sein, da die Stockspitzen von anderen Langläufern eine große Gefährdung darstellen können. Die Ausrüstung kann zur Minimierung des Unfallrisikos beitragen, wobei ich dem Schuh dabei die größte Bedeutung beimesse. Dieser muss gut gewählt sein, um optimale Stabilisierung zu bieten. Ich möchte auch hier noch einmal darauf hinweisen, dass Trainerstunden sich ebenfalls günstig auf die Verhinderung von Unfällen auswirken.

Abschließend betrachtet, ist das Langlaufen eine der risikoärmsten Wintersportarten überhaupt. Die Kombination des hohen Nutzens für die Gesundheit, bei gleichzeitig hohem Erlebniswert, macht die Faszination dieses Sports aus. Ich kann nur jedem dazu raten, es selbst auszuprobieren und Freude daran zu finden.
Dr. Christian Hoser Facharzt für Unfallchirurgie, Sporttraumatologie, Orthopädie und Traumatologie

Autor Priv.-Doz. Dr. Christian Hoser ist praktizierender Facharzt für Unfallchirurgie, Sporttraumatologie, Orthopädie und Traumatologie in Innsbruck. Neben zahlreichen Arbeits- und Ausbildungsreisen im Ausland – unter anderem in den USA und Neuseeland – war Dr. Hoser auch Teamarzt beim FC Wacker Innsbruck (Fußball) und den Swarco Raiders Tirol (Football). Als Mitglied des ÖSV-Sportärzteteams betreute er 2011 das Österreichische Herrenteam bei der Fußball-WM und das ÖSV-Damenteam beim Ski-Europacup sowie bis 2019 insgesamt vier ÖSV-Weltcup-Rennen in Alta Badia. Gelenkschirurgie, arthroskopische Eingriffe und die Behandlung von Sehnenverletzungen sind die fachspezifischen Schwerpunkte von Dr. Hoser. Seit 2006 ist er zudem Repräsentant Österreichs bei der europäischen Vereinigung für Sportmedizin, Kniechirurgie und Arthroskopie (ESSKA).